Muster finden sich überall in der Natur. Sehen wir uns nur die bunten Streifen und Punkte auf der Haut von Echsen und Fischen an. Es ist etwas Mathematisches an der Verteilung dieser Farben, weshalb sie vielleicht auch den Mathematiker Alan Turing inspirierten. 1952 schrieb er einen bahnbrechenden Artikel in theoretischer Biologie mit dem Titel „Die chemische Grundlage der Morphogenese“. In diesem Werk prägte er auch den Begriff „Morphogen“.
Diese Substanzen kontrollieren Entwicklungsprozesse wie die Musterbildung auf der Haut von Tieren oder das Wachstum eines Embryos. Ein Morphogen agiert als Signalmolekül und induziert bestimmte zelluläre Prozesse in Abhängigkeit seiner lokalen Konzentration.
Bicoid war eines der ersten Morphogene, die entdeckt wurden. Es ist ein Transkriptionsfaktor, der einen Konzentrationsgradienten innerhalb des Gewebes von Drosophila (der Fruchtfliege) bildet. Die ersten 13 Zellteilungen des Drosophila-Embryos finden in einem sogenannten Syncytium statt - einer einzelnen Zelle mit mehreren Kernen – zwischen dene das Morphogen frei diffundieren kann. Dadurch und im Zusammenspiel mit anderen Prozessen wird die Anterior-Posterior-Achse etabliert – also wo einmal der Kopf der Fliege sein wird und wo sich der Hinterleib entwickelt.
In späteren Entwicklungsstadien sind Morphogene normalerweise sekretierte Signalproteine, die mit Rezeptoren auf der Oberfläche von Zellen interagieren. Komplexe Signalkaskaden innerhalb der Zelle führen zur Regulation von Transkriptionsfaktoren und der Etablierung von Gradienten wie beim Drosophila-Syncytium.
Heute weisen Fortschritte im Fachgebiet der Morphogenese auf ein komplexeres Bild bei der Etablierung dieser Gradienten hin. Zum Beispiel können Morphogen-Gradienten aus im Zellverband verteilten Quellen entstehen, unabhängig von der Konzentration interpretiert werden und zelluläre Prozesse jenseits der Zell-Spezifikation kontrollieren.
Das Bild zeigt das Sonic-Hedgehog-Protein, welches ein wichtiges Morphogen in der Embryonalentwicklung aller Wirbeltiere ist. Es wurde so genannt, aufgrund der kleinen spitzen Auswüchse, die sich auf Drosophila-Embryos mit einem Knockout des Hedgehog Gens befanden.